Begleitprogramm
- Lesung 1 „Robert Walser: Der Spaziergang“
Simone Bernet und Christian Bertram lesen Robert Walser
Lesung 1 „Robert Walser: Der Spaziergang“
Simone Bernet und Christian Bertram lesen Robert Walser
Robert Walsers „Spaziergang“, erstmals 1917 erschienen, wird als einer der schönsten Prosatexte des 20. Jahrhunderts gerühmt. Der Erzähler bewegt sich durch die Welt, schauend, sprechend, träumend, die Richtung findend und wieder wechselnd.
Es sind Gedankengänge, die diesen feineren Vagabund umhertreiben, wobei sich beim Spazieren „viele Einfälle, Lichtblitze und Blitzlichter ganz von selber einmengen und einfinden“.
Die Welt zeigt sich in ihrer Vollkommenheit, Schönheit und unrettbaren Schutzlosigkeit gezeichnet von einer unvergänglichen Vergänglichkeit. „Alles wird so sein wie es jetzt ist, durch nichts zu ersetzen – aber eben das macht seine Neuheit aus“ (Giorgio Agamben).
Simone Bernet und der Regisseur Christian Bertram lesen diesen Schlüsseltext des Dichters und passionierten Spaziergängers mit
einem musikalischer Begleitung. Es musizieren Annemette Pødenphandt (Gesang) und Rasmus Kjøller (Akkordeon).
Ort: Literaturhaus København
- Lesung 2 „Robert Walser: Fritz Kochers Aufsätze“
Astrid Gorvin liest Robert Walser
Lesung 2 „Robert Walser: Fritz Kochers Aufsätze“
Astrid Gorvin liest Robert Walser
Astrid Gorvin, Mitwirkende des Ensembles, liest diese frühen Prosastücke, die der junge Autor Robert Walser 1902 in Zürich im Stil eines begabten Schülers verfasst hat und als Aufsätze eines früh verstorbenen Knaben ausgab.
„Fritz Kochers Aufsätze“, Robert Walsers Erstling, führt an den Beginn einer unkonventionellen Wirkungsspur und eigenwilligen künstlerischen Selbstverwirklichung des Dichters, der lebenslang ein Knabe bleiben wollte. Geprägt von großer Lebensfreude an allem, was da ist, von einer natürlichen Schlichtheit des Stils, die sich schon hier zur raffinierten Technik ausbildet, sind die fingierten Schulaufsätze das früheste Beispiel der später immer wiederkehrenden Rollenprosa bei Walser, eine frühe Einübung in die Lebenskunst und eine erste Maskerade mit autobiografischen Hintergründen. Dies um so mehr, seit man seit neuestem weiß, das es jenen Schüler Fritz Kocher tatsächlich gab und er nur wenige Plätze vor Robert Walser in dessen Schulzeit die Schulbank drückte.
- Podium
Podiumsdiskussion vom 17.04.2005
Robert Walser:
Unter Menschen, die sich achten, möchte ich leben
Zur Aktualität und zum politisch-ästhetischen Vermächtnis Robert Walsers.
Kleine Welten in Zeiten der Globalisierung
Leitung: Christian Bertram | Simone Bernet
Eingeladene Gesprächspartner:
Adolf Muschg | Schriftsteller, bis 2006 Präsident der Akademie der Künste; Berlin, Zürich |
|
Giorgio Agamben | Gegenwartsphilosoph; Venedig | |
Peter Utz | Professor der Literaturwissenschaft; Lausanne | |
Sabine Rothemann | Journalistin und Publizistin; Berlin | |
Christian Bertram | Regisseur; Berlin | |
Moderation: Lothar Müller |
Redakteur Süddeutsche Zeitung; Berlin |
Die Podiumsdiskussion, die am 17. April 2005 im Studio der Akademie der Künste, Berlin, stattfand, stand im Zentrum des Begleitprogramms der Uraufführung „robert walser: mikrogramme – das kleine welttheater“. Bei der Diskussion ging es um den Zusammenhang von Ästhetik und politischer Haltung in Person und Werk Robert Walsers, wobei die besondere Aktualität und Modernität seiner Weltsicht herausgestellt wurde.
Die Welt gibt es nicht so einfach – so Robert Walsers dezidiertes Vermächtnis -, sie muss stets tätig gestaltet, wiedergefunden und erfunden werden. Robert Walser gab als Visionär einer weiterentwickelten Form des gesellschaftlichen Zusammenlebens den jeweiligen „kleinen Welten“ ihren eigenen Wert zurück: „Mir ist alles, sogar das Kleinste viel“. Er plädierte dafür, den unterschiedlichen Welten schöpferisch mehr Geltung zu verschaffen, um den Wert einer Gemeinschaft zu stärken, die niemanden und nichts ausschließt. Somit erscheint es heute aktueller und notwendiger denn je, die von seinem Werk ausgehende Botschaft, geschichtliche Aufgaben neu zu denken und öffentlich zu reflektieren.
Für die Diskussionsrunde waren sachkompetente Gesprächspartner aus den Bereichen Kultur, Kunst, Philosophie und Theater eingeladen, aus der Schweiz, Deutschland und Italien.
Gesprächsteilnehmer
Adolf Muschg, Schweizer Schriftsteller, Präsident der Akademie der Künste Berlin bis Ende 2005, geboren 1934 in Zollikon, studierte Germanistik, Anglistik und Psychologie. 1970-1999 Professor für Deutsche Sprache und Literatur an der ETH Zürich. Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung Darmstadt sowie der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz. Mit zahlreichen Preisen für sein literarisches Schaffen geehrt, führten ihn Lesereisen nach Deutschland, England, Holland, Italien, Japan, Kanada, Österreich, Portugal, Taiwan, USA. Lebt in Männedorf bei Zürich.
Giorgio Agamben, Gegenwartsphilosoph, geboren 1942 in Rom, studierte Jura, Literatur und Philosophie. Seit Ende der achtziger Jahre beschäftigt er sich vor allem mit politischer Philosophie. Herausgeber der italienischen Gesamtausgabe der Werke von Walter Benjamin. Er lehrt zur Zeit Ästhetik und Philosophie in Venedig und hatte Gastprofessuren unter anderem in Paris, Berkeley, Los Angeles, Irvine. In seinen philosophischen Betrachtungen des gegenwärtigen „Ausnahmezustands“ entwirft er – auch bezugnehmend auf Robert Walser – die Idee einer kommenden Gemeinschaft. Lebt in Venedig.
Peter Utz, Literaturwissenschaftler, geboren 1954 in Biel; studierte Germanistik und Geschichte. Seit 1987 Professor für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Lausanne. Sein Forschungsgebiet umfasst die deutsche Literatur vom 18. Jhdt. bis zur Gegenwart, insbesondere die Schweizer Autoren des 20. Jahrhunderts. Er zählt zu den Vertretern der deutschsprachigen Robert-Walser-Forschung mit zahlreiche Artikeln in Sammelbänden, Zeitschriften und Zeitungen. Lebt in Lausanne.
Sabine Rothemann, Journalistin und Publizistin, geboren 1962 in Offenbach am Main. Studierte Germanistik, Philosophie und Romanistik in Tübingen und Frankfurt am Main. Mitherausgeberin der Literaturgeschichte „Die literarische Moderne in Europa“. Wissenschaftliche und publizistische Arbeiten zu Robert Walser. Als freie Publizistin seit 1995 Essays zu Literatur, Kunst und Gesellschaft. Arbeiten für den Rundfunk. Lyrik- und Prosaveröffentlichungen. Lebt in Berlin.
Christian Bertram, Regisseur, geboren 1952 in Berlin, studierte Germanistik, Theaterwissenschaft und Geschichte. Theaterinszenierungen u.a. von Bertolt Brecht, Samuel Beckett, Marguerite Duras, Pierre Corneille, Paul Celan; Radio- und Fernsehregien sowie Arbeiten im Rahmen von Kunstausstellungen an der Wiener Secession (Pierre Klossowski) und der Kunsthalle Wien (Barocke Party). Christian Bertram ist Initiator und Regisseur der Uraufführung des Projektes „robert walser mikrogramme das kleine welttheater“. Lebt in Berlin.
Lesehinweis:
Giorgio Agamben: Warum war und ist Robert Walser so wichtig?
Walsers philosophischer Spaziergang. Kurzvortrag auf der Podiumsdiskussion.
Das Lesen Ihres Artikels hat sehr viel Spaß gemacht. Jerrilee Theobald Lenox
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